Das sogenannte „Faking“ ist eine große Problematik bei der Personalauswahl. Aufgrund des Bewerbungsdrucks kommt es häufig vor, dass Bewerber sich Fähigkeiten aufgrund sozialer Erwünschtheit selbst zuschreiben, um einen besseren Eindruck zu hinterlassen. Den HR-Abteilungen fällt es dabei schwer, wahrheitsgetreue Schlüsse über einen Bewerber zu ziehen. Was genau Faking ist und welche Lösung es dafür gibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.
[toc]Das Gift im Personalauswahlprozess: soziale Erwünschtheit
Unternehmen tun mehr denn je, um ihre Arbeitskräfte langfristig an sich zu binden. Aufwendige Auswahlprozesse, Teambuilding-Maßnahmen, frisches Obst, moderne Büroräumlichkeiten, sowie In-House-Yogaunterricht sind nur einige der Methoden, mit denen Unternehmen versuchen gute Mitarbeiter einzustellen und zu halten. Diese wirken jedoch oft nicht sehr lange, denn die nachvollziehbare Motivation, sich in einem Auswahlprozess besonders positiv darzustellen, führt zu einer Verzerrung der Ergebnisse. Das Unternehmen bekommt nicht das „wahre Bild“, sondern ein Bild davon, wie die/der Bewerbende meint, sich darstellen zu müssen, um in das Unternehmensbild bzw. zu der Position zu passen. Dieses Phänomen wird in der Psychologie als „soziale Erwünschtheit“ bezeichnet. Um einen fairen Auswahlprozess zu ermöglichen, sollte der Aspekt der sozialen Erwünschtheit kontrolliert werden. Das wird in der Praxis allerdings häufig übersehen. Verfälschungssichere Fragebögen bieten hier einen effizienten Lösungsansatz an.
Der Auswahlprozess: Hier entsteht das Problem
Die psychologische Forschung ist sich beim Thema Faking (verfälschte Selbstdarstellung) darüber einig, dass mindestens 30% der Bewerbenden in Personalauswahlsituationen sozial erwünscht antworten (Ziegler, 2011). Über die genauen kognitiven Prozesse beim Faking war bisher jedoch wenig bekannt. Der Prozess der Beantwortung eines Fragebogenitems kann folgendermaßen beschrieben werden:
Als erstes muss eine Aussage verstanden werden, also in eine mentale Repräsentation übersetzt werden. Danach werden Informationen im Gedächtnis abgerufen, die wichtig in Bezug auf diese Aussage sind und mit der mentalen Repräsentation verglichen. Das Resultat dieses Vergleichs wird dann auf dem Fragebogen vermerkt. Dieser Prozess ist jedoch abhängig von der Motivation, den kognitiven Fähigkeiten sowie der Aufmerksamkeit der Person, die den Fragebogen ausfüllt (Ziegler, 2011).
In einer Studie wurde untersucht, wie die kognitiven Prozesse beim Faking aussehen. Die Versuchsteilnehmer*innen wurden aufgefordert, einen Persönlichkeitsfragebogen sozial erwünscht zu beantworten und dabei ihre Gedankengänge zu verbalisieren. Die Ergebnisse zeigen, dass niemand alle Antworten absichtlich verzerrt hat! Lediglich diejenigen Items, die als wichtig für die Situation empfunden wurden, wurden verfälscht bzw. idealisiert beantwortet. In der Praxis bedeutet das, dass bei Auswahlprozessen erfahrene Bewerber*innen, die bereits Persönlichkeitsfragebogen ausgefüllt haben und wissen, welche Eigenschaften in bestimmten Arbeitssituationen gefragt sind, im Vorteil gegenüber unerfahrenen sind und diesen Vorteil nutzen können. Ein Fragebogen, der Faking nicht kontrolliert, misst demnach Unterschiede in der Arbeitserfahrung und nicht ausschließlich Persönlichkeitsunterschiede. Eine Lösung für dieses Problem stellt ein Fragebogen dar, der nicht verfälschbar ist (Ziegler, 2011).
Faking: Ein Problem ohne Lösung?
The ROC Institute bietet für dieses Problem eine zeitgemäße Lösung an. Mit dem Big-5-Navigator (B5N) lassen sich im beruflichen Kontext relevante Persönlichkeitseigenschaften verfälschungssicher abbilden. Neben fünf übergeordneten Dimensionen werden 42 weitere feingliedrige Persönlichkeitsfacetten gemessen. Zusätzlich zum B5N bietet the ROC Institute mit dem Great-8-Tachometer (G8T) die Messung beruflicher Kompetenzen an. Mit acht übergeordneten Kompetenzen und 39 zugrundeliegenden Kompetenzbereichen bietet auch dieses Verfahren eine feingliedrige Auflösung. Die verfälschungssichere Messung wird durch die Anwendung eines Forced-Choice-Itemformats bei beiden Verfahren sichergestellt. Hierbei erfolgt die Darstellung der Items nicht einzeln in Form einer Ratingskala, sondern in Form von Quadrupeln, also Gruppierungen von jeweils vier Aussagen, die anhand ihrer sozialen Erwünschtheit zusammengestellt wurden. Die Testpersonen müssen sich nun sowohl für die Aussage entscheiden, die am meisten auf sie zutrifft, als auch für die Aussage, die am wenigsten auf sie zutrifft. Aufgrund dieses Messansatzes werden die Testpersonen zur ausführlichen Selbstreflexion angeregt und sozial erwünschtes Antwortverhalten verhindert. Außerdem werden Antworttendenzen (Tendenz zur Mitte, Milde- oder Härtetendenz) kontrolliert.
Der B5N und der G8T sind gut in bestehende Prozesse integrierbar und fördern eine faire und objektive Gestaltung der Personalauswahl. Sie liefern valide Informationen, auf deren Basis gute Entscheidungen getroffen werden können und geben wertschätzendes Feedback an alle Bewerbenden. Des Weiteren wird durch die standardisierte Durchführung und Auswertung am Computer und die Verhinderung des Fakings niemand ungewollt bevorzugt oder benachteiligt. So kann die Fluktuation von Arbeitskräften gesenkt werden, wodurch Teams über längere Zeiträume zusammenwachsen und Führungskräfte länger im Unternehmen bleiben können.
Ungelöst kann dieses Problem teuer werden.
Zu diesem Thema haben wir das folgende Beispiel vorbereitet:
Wir gehen davon aus, dass die Fluktuationsquote bei der Einstellung von Spezialisten*innen, Führungskräften, sowie höheren Führungskräften in einem Unternehmen mit 1000 Mitarbeitenden bei 7% liegt. Dieses Unternehmen nutzt gängige Methoden für die Rekrutierung seiner Mitarbeiter*innen. Das Unternehmen tätigt ca. 70 Neueinstellungen im Jahr. Die Fehleinstellungen verteilen sich dabei folgendermaßen: 17 Spezialisten*innen, drei Führungskräfte und eine Führungskraft im Topmanagement. Bei einem Gehalt von 50.000€ für Spezialisten*innen, 100.000€ für Führungskräfte und 180.000€ für Führungskräfte im Topmanagement ergibt das Fehleinstellungskosten in Höhe von 1.33 Mio. €. Legen wir nun zugrunde, dass der B5N für die Rekrutierung genutzt wird und dadurch die Fehleinstellungsquote um 15% sinkt, erhalten wir eine Kostenreduzierung von 730.000 €. Neben der Gestaltung eines fairen Auswahlprozesses ist der B5N in diesem Beispiel dazu in der Lage, Rekrutierungskosten für Fehleinstellungen zu senken.